POSTKOLONIALES FORSCHUNGSPROJEKT: AUSSTELLUNG AUS MWANZA MITGEBRACHT

Auf großes Interesse stieß der Bericht von Antonia Moschin und Judith Schief, die sich im Rahmen des ASA-Praktikumsprogramms drei Monate in Würzburgs Partnerstadt Mwanza auf eine postkoloniale Spurensuche begaben. Entstanden ist in dieser Zeit eine Plakatausstellung, die bereits in Mwanza zu sehen war und aktuell im Würzburger Rathaus Station macht. Rund 50 Besucher wollten mehr über die Ausstellung erfahren, die im Austausch mit sechs Studierenden der örtlichen Universität St. Augustine entstanden ist und viele weitere geschichtliche Interviews und Begegnungen verarbeitet.

Ist Mwanza heute eine Millionenstadt, kann man zu Beginn der deutschen Kolonialzeit eher von einer beschaulichen Fischersiedlung am Victoria-See sprechen – folglich sind die historischen Quellen zu den frühen Jahren der Stadtgeschichte überschaubar. Mündliche Überlieferungen und die wenigen erhaltenen Schauplätze dieser Epoche wie das Gunzert-Haus, der Bahnhof, ein alter Friedhof oder auch das Areal um den ehemaligen German Tree, der damals zum abschreckenden Galgen umfunktioniert wurde, kommen eine zentrale Bedeutung zu. Die Studentinnen zeigten auf, welche Orte, Kunstwerke und Projekte heute die Kolonialgeschichte Mwanzas reflektieren. Die großformatigen Fotos zeigen zudem Tansanias zweitgrößte Stadt heute. Die Tafeln sind noch bis zum 29. Januar im Foyer des Rathauses zu sehen.

Michael Rösser, der 2016 ebenfalls das ASA-Programm durchlief und heute in Erfurt Doktorand ist, ergänzte den Abend durch einen Vortrag, der die Anfänge der Städtepartnerschaft Würzburgs mit Mwanza kritisch betrachtete. Er zeigte auf, was auch der Begriff „Postkolonialismus“ zum Ausdruck bringe, dass auch nach dem Ersten Weltkrieg, als sich die Deutschen aus Afrika zurückziehen mussten, beziehungsweise nach der Unabhängigkeit und Formierung des heutigen Tansanias, die Erfahrung des Kolonialismus für die deutsche und die tansanische Geschichte weiter prägend blieb. Zumal es in handelnden Personen und Institutionen (beispielsweise auch der Wirtschaft) viele Kontinuitäten gab. Als der damalige Oberbürgermeister Dr. Zimmerer 1966 die Partnerschaftsurkunde unterzeichnete, geschah dies auch im Zeichen des Ost-West-Konflikts. Rösser belegte mit einigen Zitaten aus der Würzburger Chronik, dass es der Bundespolitik damals auch darum ging, eine Einflussnahme in Afrika nicht alleine der DDR zu überlassen. In diesem Sinne wurde die Partnerschaft begrüßt und ein geeigneter Ort in Ostafrika länger gesucht.

Katja Schröder vom Büro Würzburg International informierte die Besucher zudem über die aktuellen Projekte in Mwanza neben der Erinnerungskultur. Von den zehn Städtepartnerschaften Würzburgs sei diese Beziehung, die im vergangenen Jahrhundert auch für viele Jahre vollkommen in Vergessenheit geraten war, heute wieder eine der aktivsten. Und auch das ASA-Projekt geht weiter. Demnächst werden die Bewerbungen für den Projektaufenthalt 2020 gesichtet.

Text: Georg Wagenbrenner