2012: Intensive Woche in der Partnerstadt Mwanza: Präsident Kikwete würdigt die enge Verbundenheit

Modetrend *Made in Mwanza“? Der Lederfabrikant Mmari Masia (links) hatte bereits auf der letzten Mainfranken Messe gezeigt, dass aus dem Victoriabarsch nicht nur saftige Fischfilets geschnitten werden können. Nun besuchte die Würzburger Delegation seine Schneiderei in Mwanza und begutachtete Handtaschen, Geldbeutel und Gürtel aus dem noch weitgehend unbekannten Material.

Pressemitteilung Büro des Oberbürgermeisters 21.02.2012

An diesem Tag wird in Mwanzas Rathaus nur eine Sache *verwaltet“: die Freundschaft mit der deutschen Partnerstadt Würzburg. Als der Jeep und Kleinbus mit der Würzburger Delegation um Oberbürgermeister Georg Rosenthal vorfahren, unterstreichen die Gastgeber welch außergewöhnlichen Stellenwert die seit 1966 bestehende Städtepartnerschaft heute in der Großstadt am Victoria-See hat. Auf den Stufen zur City Hall bilden neben Oberbürgermeister Josephat Manyerere alle leitenden Rathausmitarbeiter ein strahlendes Begrüßungskomitee. Viele herzliche *Karibu“ (*Willkommen“ auf Kiswahili) begleiten das beidhändige Händeschütteln, die Verbeugungen und Umarmungen. Viele Akteure müssen sich nicht mehr vorstellen. Georg Rosenthal und Gattin Hanna begleiteten beim Antrittsbesuch in Mwanza den Verein M.W.A.N.Z.A.

Man kennt den Vorsitzenden Michael Stolz und die aktivsten Vereinsmitglieder von zahlreichen gemeinsamen Projekten, die seit 2000 die Städtepartnerschaft wieder mit sehr viel Leben erfüllen. Neben den Stadträtinnen Benita Stolz, Regine Samtleben und Barbara Lehrieder gehören auch Stadtkämmerer Christian Schuchardt und die Landtagsabgeordnete Simone Tolle der insgesamt 25-köpfigen Delegation an. Zur Begrüßungszeremonie passt die mitreißende, in den Farben Tansanias gekleidete Tanzgruppe – wie auch eine sperrige Möbel-Lieferung, die unter dem Rathausvordach einen prominenten Platz einnimmt. In fünf Werkstätten Mwanzas entstanden seit 2009 dank großer Würzburger Spendenbereitschaft über 1000 Schulbänke. Die Gastgeber zeigen stolz und dankbar das Resultat dieser Initiative, die auch für die örtlichen Schreiner ein Segen war.

Schlüsselübergabe

Symbolträchtig geht es weiter: In Manyereres Büro erhält Rosenthal nach Eintragung ins Gästebuch einen überdimensionalen Mwanza-Schlüssel aus den Händen seines Amtskollegen. Schnell wird sich zeigen, mehr als nur eine Geste: Eine Woche lang öffnen sich den Gästen aus Würzburg tatsächlich unterschiedlichste Türen. Mwanza gewährt viele Einblicke.

Modetrend *Made in Mwanza“? Der Lederfabrikant Mmari Masia (links) hatte bereits auf der letzten Mainfranken Messe gezeigt, dass aus dem Victoriabarsch nicht nur saftige Fischfilets geschnitten werden können. Nun besuchte die Würzburger Delegation seine Schneiderei in Mwanza und begutachtete Handtaschen, Geldbeutel und Gürtel aus dem noch weitgehend unbekannten Material.
Joseph Mlinzi, der – wie auf Würzburger Seite Eva-Maria Barklind-Schwander – die Städtepartnerschaft im Rathaus betreut, begleitet fast pausenlos die Delegation und hilft bei der Bewältigung eines zeitlich ambitionierten Besuchprogramms, auf das dann spontan noch einige weitere Höhepunkte gepackt werden. Größter Überraschungscoup wird schließlich ein kurzfristiger Besuch beim tansanischen Präsidenten sein. Auch mit drei vibrierenden Mobiltelefonen in der Hand ist Mlinzi beim Organisieren stets die Ruhe selbst. Er bereichert das Programm durch viele Hintergrundinfos, Übersetzungen und persönliche Schilderungen. Beispielsweise als er beim Besuch der Regionalen Bücherei Mwanzas erzählt, wie er selbst als Schüler diese Einrichtung intensiv nutzte, die in den Jahren nach der Erbauung 1960 sicher – auch nach westlichen Maßstäben – als zeitgemäß gelten durfte. Doch die bescheidene Mittel-Ausstattung hat seitdem nur wenige Innovationen erlaubt. Die Leiterin Velda Kuboja betont: *Die Bücherei, ist nicht nur in Mwanza mit rund 850.000 Einwohnern die einzige ihrer Art, sondern für die gesamte Region mit rund 6 Millionen Einwohnern“. Rund 150 Kinder und Erwachsene nutzen heute täglich gegen Bezahlung die Bücherei. Die Bestände sind aber oft nicht aktuell, die Fernleihe dauert lange und Rechner für Internet-Recherche oder zum Scannen stehen auch nicht zur Verfügung. Auch müssten Möbel ausgetauscht und ergänzt werden, gerade um Seminare und Kinderbetreuungsprogramme in der Bücherei zu unterstützen, gibt Leiterin Kuboja einen ernüchternden Einblick in die zentrale Bildungseinrichtung. Eine spontan zugesagte Spende wird helfen letzteren Missstand sofort anzugehen, weitergehende Konzepte sind sicher eine neue Hausaufgabe für die Delegation aus Stadtverwaltung und Partnerschaftsverein.

Es gab weitere Ortstermine, bei denen Rückstände Mwanzas deutlich wurden beziehungsweise bei denen auch ausgelotet werden sollte, inwieweit partnerschaftliche Hilfe über mehr als 6000 Kilometer Luftlinie möglich ist: Die Feuerwehr stand bereits 2008 auf dem Besuchsprogramm einer Würzburg-Delegation. Noch heute gilt: der Fuhrpark ist mit zwei fahrbereiten Löschfahrzeugen überschaubar. Im Einsatz verständigen sich die 22 Feuerwehrmänner der Station nicht über Funk, sondern sie nutzen ihre privaten Mobiltelefone. Für ein weiteres massives Problem hatte der Leiter der Würzburger Berufsfeuerwehr Harald Rehmann vor der Reise bereits Hilfe signalisiert. Derzeit rückt die Feuerwehr der Großstadt Mwanza ohne Atemschutz aus. Es erklärt sich von selbst, dass dies, wie auch häufig fehlende Hydranten und schwacher Wasserdruck, die Rettungsarbeiten enorm erschweren oder das Risiko für die Retter erhöht. Es fehlt nicht die gesamte Atemschutz-Ausrüstung, ein Kompressor alleine könnte die Situation deutlich verbessern. Der Besuch der Delegation diente auch als Bestandaufnahme, um die richtige Technik und Ersatzteile auf die Reise schicken zu können.

Applaus für neues Müllauto

Genügend Stauraum sollte es bald geben. Bereits beim Empfang im Rathaus hatte Rosenthal viel Applaus für die Ankündigung geerntet, dass Ende des Jahres ein zweites Müllauto von Würzburg nach Mwanza verschifft werden soll. Mwanza ist stolz auf den bereits zum sechsten Mal errungenen Titel *Sauberste Stadt Tansanias“, dass die Müllentsorgung auf lange Sicht eine große Herausforderung bleibt, zeigte allerdings der zuständige Referent Dawford M. Kamenyn beim Besuch einer 102 Hektar großen Mülldeponie vor den Stadtgrenzen. Hier wird einfach abgeladen und zum Teil verbrannt, was zuvor in der Stadt an verschiedenen zentralen Sammelpunkten aufgeladen wurde. Trennung und Wiederverwertung haben noch kein System, wenn man davon absieht, dass oft die Ärmsten der Armen versuchen ein wenig Kapital aus durchstöbertem Müll zu schlagen.

Doch die Termine der Delegation zeigten nicht nur Problemfelder auf, viele Besuche lassen sich überschreiben mit *Musterbeispiele“ und stehen für erfreuliche Entwicklungen. Sowohl in der von Franziskaner-Schwester Denise Mattle geleiteten Montessori-Schule als auch beim ebenfalls kirchlichen Straßenkinder-Projekt Upendo Daima, welches Marga van Barschot vor Ort vorstellte, finden immer mehr junge Menschen Zukunftsperspektiven. Auf beiden weitläufigen Anlagen stehen neue Gebäude. M.W.A.N.Z.A e.V. stellte beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) einen Antrag zur Teilfinanzierung eines 35.000 € teuren Bildungs- und Tagesbetreuungszentrums für Upendo Daima. 75 % Prozent betrug schließlich die Förderung des Bundesministeriums, den Rest steuerten die Würzburger Stadtbau und der Würzburger Partnerkaffee bei. Die gleiche staatliche Förderquote gab es auch für einen neuen Mädchen-Wohntrakt der Montessori-Schule, die nicht übernommenen Kosten des 50.000-€-Baus, organisierte der Verein durch Spenden. Nach Inspektion vor Ort kann man festhalten: für überschaubare Summen sind einfache aber solide und vor allem sehr geräumige Erweiterungsbauten entstanden, die etablierte soziale Projekte weiter absichern.

Bei aller Konzentration auf aktuelle oder zukunftsweisende Projekte, setzte sich die Delegation auch bewusst mit geschichtsträchtigen Orten Mwanzas auseinander. Auf dem Deutschen Friedhof, der in der Kolonialzeit gegründet wurde, erinnerte Rosenthal bei einer Gedenkzeremonie an *alle Schicksale und Opfer der Arroganz einer Eroberung“. Der Friedhof wurde um 1930 an die anglikanische Kirche übergeben und seitdem finden sich nicht mehr nur *exotische“ deutsche Grabinschriften, es entstand vielmehr ein verbindender Ort der Erinnerung.

Hoffnungsträger Fußball

Das Berufsbildungszentrum VETA und das Fußballprojekt der Tanzanian Street Children (TSC) Sports Academy waren weitere Stationen auf der rastlosen Fahrt durch die weitläufige, von Hügeln und haushohen Felsen geprägte Stadt am Südufer des Victoria-Sees. Mit den Namen VETA und TSC sind grenzüberschreitende Austauschprojekte verbunden. Hauswirtschaftsschülerinnen von VETA besuchten bereits 2011 die Würzburger Klara-Oppenheimer-Schüler. Diese vielleicht einmalige Lebenserfahrung steht für die U20-Fußballer, die M.W.A.N.Z.A-Mitglied Jürgen Seitz mit seinem Team seit 2009 betreut, noch aus. Derzeit laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren damit die vielleicht besten Fußballer Tansanias in dieser Altersklasse im Juli und August auch in Würzburg und Veitshöchheim zu Gast sein können und bei Turnieren in Deutschland gegen Teams von TSV 1860 München, TSG Hoffenheim oder Maccabi Haifa antreten können. 130 Mädchen und Jungen trainieren derzeit in der Akademie, die für die talentiertesten Spieler ein Sprungbrett sein kann, die laut Seitz aber genauso den Anspruch hat, für das *Leben jenseits des Fußballplatzes“ vorzubereiten.

Gespräch mit Botschafter und Präsident

Rosenthal zeigte sich gerade von diesen Austauschprojekten begeistert. Auch beispielsweise das ebenfalls besuchte Bugando Medical Centre, mit 900 Betten das größte Krankenhaus der Region, profitiere effektiv vom steten internationalen Austausch auf der Arbeitsebene, zog der Oberbürgermeister beim letzten offiziellen Besuch Bilanz. Eingeladen beim Mwanza Regional Commissioner (vergleichbar mit dem Regierungspräsidenten) Evarist Ndikilo betonte Rosenthal in diesem Sinne auch die Hoffnung, die er mit der aufgenommenen Klimapartnerschaft zwischen beiden Städten verbindet. Würzburg ist eine von zehn Pilotkommunen in Deutschland, die zusammen mit ihren Partnerkommunen in Entwicklungs- und Schwellenländern gemeinsame Handlungsprogramme zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung entwickeln. Das durch das BMZ geförderte Projekt hatte seinen Auftakt im Vorfeld der Weltklimakonferenz in Durban bereits im November in Dar es Salaam, bei dem auch Vertreter der Stadt Würzburg teilgenommen haben.

Ndikilo skizzierte die Herausforderungen der ständig wachsenden Stadt gerade bei Infrastrukturprojekten. An sehr konkreten Beispielen erkannten die Delegationsmitglieder wieder, was bereits eine Woche zuvor der deutsche Botschafter Klaus-Peter Brandes beim Zwischenstopp in Dar es Salaam für das ganze Land geschildert hatte. Während auf einigen Feldern (beispielsweise der HIV-Bekämpfung) schon große Fortschritte erzielt wurden, hemmen massive Infrastruktur-Probleme – von der Stromversorgung bis zum Transportwesen – nachhaltige Investitionen und somit Wirtschaftswachstum und ein höheres Wohlstandniveau für alle: *30 Prozent des tansanischen Haushaltsvolumens stammt immer noch von Geberländern.“ Wirtschaft-Attachée Dagmar Traub-Evans vertiefte den Einblick in die Arbeit der zwölf Botschaftsmitarbeiter in Dar es Salaam und zeigte Möglichkeiten auf Würzburger Anliegen zu unterstützen.

Der erste Mann des Staates in Mwanza: Oberbürgermeister Georg Rosenthal und sein Amtskollege Josephat Manyerere erhielten beim Präsidenten von Tansania Jakaya Kikwete (Bildmitte) eine Audienz und sprachen über die lebendige Städtepartnerschaft zwischen Würzburg und Mwanza. Bild: Georg Wagenbrenner

War die kompakte Tansania-Vorbereitung durch die Botschaft schon ein denkbar exklusiver Service für alle Mwanza-Reisenden, der durch einen Besuch im Goethe-Institut noch die Unterfütterung eines wichtigen kulturellen Akteurs der Entwicklungszusammenarbeit bekam, so konnte zu diesem Zeitpunkt noch niemand damit rechnen, dass sich in Mwanza in kleiner Runde sogar noch ein Gespräch mit dem ersten Mann des Staates, Präsident Jakaya Kikwete, ergeben sollte. Der 2010 wiedergewählte Präsident und Vorsitzende der Partei CCM besuchte Mwanza anlässlich der Feierlichkeiten zum 35. Jahrestag der Parteigründung. Auf Einladung von Oberbürgermeister Manyerere nahm die Delegation am grün-gelben Spektakel aus Motorradparaden, traditionellem Tanz, Musik und natürlich vielen Rednern im CCM-Kirumba-Stadium teil, das allein auf den Rängen 35.000 Menschen fasst. Im Anschluss an diese mehrstündige Massenveranstaltung nahm sich der Präsident am Rande eines Empfangs im Mwanza State House die Zeit um die beiden Oberbürgermeister persönlich zu empfangen. Rosenthal porträtierte kurz Würzburg mit den Institutionen Africa Festival, dem Missionsärztlichen Institut, der Universität und den vielen weiteren Verbindungen nach Afrika und Tansania durch die lebendige Städtepartnerschaft mit Mwanza. Kikwete sprach seine Anerkennung für die guten partnerschaftlichen Beziehungen aus und sagte für die weitere Zukunft seine Unterstützung zu. Als begeisterter Basketballer, der früher selbst spielte und lange Verbandsfunktionär war, kannte Kikwete natürlich auch den Namen Dirk Nowitzki.

Bilder:

Der erste Mann des Staates in Mwanza: Oberbürgermeister Georg Rosenthal und sein Amtskollege Josephat Manyerere erhielten beim Präsidenten von Tansania Jakaya Kikwete (Bildmitte) eine Audienz und sprachen über die lebendige Städtepartnerschaft zwischen Würzburg und Mwanza. Bild: Georg Wagenbrenner

Modetrend *Made in Mwanza“? Der Lederfabrikant Mmari Masia (links) hatte bereits auf der letzten Mainfranken Messe gezeigt, dass aus dem Victoriabarsch nicht nur saftige Fischfilets geschnitten werden können. Nun besuchte die Würzburger Delegation seine Schneiderei in Mwanza und begutachtete Handtaschen, Geldbeutel und Gürtel aus dem noch weitgehend unbekannten Material.

Bilder: Georg Wagenbrenner

PS: Auf der städtischen Homepage befinden sich 100 Bilder von der Mwanza-Reise.

Georg Wagenbrenner Büro des Oberbürgermeisters -Pressestelle- Stadt Würzburg Rückermainstraße 2, 97070 Würzburg Tel. 0931 37-2697 Mobil: 0170 8559797 Fax. 0931 37-3697 E-Mail: georg.wagenbrenner@stadt.wuerzburg.de